Interview: Tyler Bryant & The Shakedown (2024)

von Martin Schmidt,

(Bild: Spinefarm Records)

Dass nicht nur ältere Männer den Blues haben, zeigt der 28-jährige Texaner Tyler Bryant auf beeindruckende Weise. Trotz klassischer Einflüsse wie Johnny Winter und Muddy Waters klingt sein neues Album ‚Truth & Lies‘ ziemlich zeitgemäß.

Verfeinert mit Einflüssen aus Hard Rock, Glam Rock und Grunge hebt sich die Musik der neuen Blues-Hoffnung wohltuend vom puristischen Ansatz vieler Kollegen ab.

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DIE ANFÄNGE

Wie wurde dein Interesse an Musik geweckt?

Ich war sieben Jahre alt und sah Elvis Presley! Ich war total beses­sen von ihm. Mit elf Jahren habe ich dann in einem Musikladen einen Mann namens Roosevelt Twitty spielen gehört. Daraufhin habe ich mein Dirt Bike veräußert und mir von dem Geld eine Gitarre gekauft. Zunächst habe ich dann mit Akkorden und dem Jimmy Reed-Shuffle angefangen, mir andere Leute angeschaut und versucht Dinge aufzuschnappen. Viel habe ich auch von den Platten gelernt, die ich mochte.

Hattest du jemals Unterricht?

Ich hatte nie echten Unterricht, aber ich habe viel von besagtem Roosevelt Twitty gelernt. Wir wurden Freunde, und ich habe ihn oft besucht. Er hat mir Platten von Lightnin’ Hopkins, Bobby „Blue“ Bland und Freddie King gezeigt und wir haben Musik gemacht. Wenn wir z. B. einen E-Dur-Akkord gespielt haben, hat er gesagt: „Geh an den 12. Bund und probier so lange herum, bis du etwas gefunden hast, das gut klingt.“ Die ganzen Grundlagen, was Blues angeht, habe ich von ihm gelernt.

Hast du ein Vorbild, was dein Spiel angeht?

Mein Lieblingsgitarrist ist Jeff Beck. Dann gibt es noch diesen Typ aus Texas, Alan Haynes, den ich viel imitiert habe. Ich habe jedes Lick von seinem Album ‚Live At The Big Easy‘ gelernt. Außerdem Jimi Hendrix, SRV und Johnny Winter, der ein wichtiger Einfluss war. Und vieles von dem Open-G-Slide-Kram, den ich spiele, kommt von Muddy Waters.

Spielst du nur in Open G?

Nein, ich benutze auch Open D, Open E und die Standardstim­mung. Manchmal stimme ich die Gitarre auch auf ein verrücktes Tuning und versuche damit zurechtzukommen. Wenn du ein paar Saiten anders stimmst, öffnet das Türen für die Kreativität.

Bild: Martin Schmidt

Strat mit Humbucker & Tele-Hals-PU

Bild: Martin Schmidt

Gibson Les Paul

TRUTH & LIES

Wo und wie habt ihr das aktuelle Album aufgenommen?

In Brooklyn im Studio G. Wir waren da für zweieinhalb Wochen, und das war’s!

War das eher so eine „Live im Studio”-Produktion oder habt ihr zeitgemäß mit Overdubs gearbeitet?

Wir haben eigentlich alle Basis-Tracks live eingespielt, uns dabei angesehen und so die Energie eingefangen. Darüber haben wir dann noch mehr Gitarrentracks gespielt und an den letzten drei Tagen alle Vocals eingesungen.

Arbeitest du deine Soli und die Arrangements vor­her aus oder passiert da im Studio noch was?

Manchmal haben wir schon ein Demo, das eine Richtung vorgibt und wir versuchen das im Studio noch besser hinzukriegen. Die Soli fangen immer mit Improvisation an oder ich singe etwas, in meinem Kopf oder laut. Das hört sich dann zuerst echt bescheuert an, doch dann versuche ich es auf der Gitarre umzusetzen.

Aber du legst nichts wirklich genau fest?

Nein. Ich kann das noch nicht einmal live wiederho­len. Es geht um Emotionen und den Moment. Ich erinnere mich an das Wesentliche, aber es gibt Kids auf Instagram, die meine Soli bes­ser spielen als ich. (lacht) Ich weiß, wie ich anfange und spiele dann live ein ähnliches Solo, ändere es aber ab, je nachdem, wie ich mich gerade fühle.

Schreibt ihr alle in der Band an den Songs oder nur du allein?

Wir tragen alle zum Songwriting-Prozess bei. Es ist aber bei jedem Song anders. Unsere Show beginnt meistens mit dem Song ‚Drive Me Mad‘, den ich mit Graham (Whitford, Gitarrist der Band, Anm. d. Red.) zusammen geschrieben habe.

Bild: Martin Schmidt

Die Gibson SG des Zweitgitarristen

Bild: Martin Schmidt

Pedalboard von Gitarrist Graham Whitford

Er kam bei mir im Studio vorbei, hat etwas Schlagzeug gespielt und zehn Minuten später hatten wir einen Song. Es gab auch ein paar andere Kompo­nisten außerhalb der Band, mit denen wir befreundet sind und die zum Jammen vorbeikamen.

Fangt ihr immer mit einem bestimmten Baustein, zum Beispiel einem Gitarrenriff oder dem Text, an?

Manchmal ist es der Text, mal der Drum-Part, mal eine Melodie. Manchmal probieren wir etwas und bevor wir wissen, was pas­siert, denken wir: „Wo kam der Song jetzt her?“ Es gibt bei uns keine festgelegte Methode.

Macht ihr dann ein Demo oder eine Vorproduktion?

Ich verbringe viel Zeit mit dem Aufnehmen von Demos! Wenn ich zuhause bin, lebe ich eigentlich in meinem Studio. Unser erstes Album haben wir in meinem Keller aufge­nommen. Wir machen sehr ausgearbeitete Demos, die man schon als Album verwen­den könnte, wenn man sie nochmal richtig mischen würde. Diesmal wollten wir aber einen Produzenten, der uns richtig antreibt, obwohl wir das eigentlich selbst schon tun.

Du scheinst eine Vorliebe für dreckige Zerr-Sounds zu haben, wie z. B. beim Intro von ‚Ride‘.

Ja, das war ein Dallas-Arbiter-Fuzz-Pedal, das mir ein Freund aus Chicago geschenkt hat. Es hat ein neues Gehäuse und klingt super! Es lief über einen kleinen Radio-Amp namens Square von einem Typen aus Austin, der aus alten Radios kleine Röhrenamps baut. Ich habe auch einen Champ und einen Prince­ton verwendet und einige andere Fuzzes, wie ein ZVEX Mastotron und mein Signature-Pedal von Rodenberg.

Die technische Seite des Aufnehmens und das Suchen nach dem richtigen Ton machen dir also auch Spaß?

Ja, ich habe ein Pro-Tools-Rig, das ich mit auf Tour nehme. Ich würde nicht unbedingt als Assistant Engineer in einem Studio gebucht werden, aber ich weiß, was ich will. Der Ton fängt mit deinen Händen und dem Gefühl an. Du musst spielen können, damit der Amp, die Gitarren und die Platzierung der Mikrofone ihre Wirkung entfalten.

Bild: Martin Schmidt

Orange-Bass-Amp mit Fender-Box

Bild: Martin Schmidt

Das Pedalboard von Bassist Noah Denney

DER BLUES

Siehst du dich als Blues-Gitarrist, als Rock-Typ oder eher irgendwo dazwischen?

Darüber denke ich nicht nach. Ich mache das, was mir ein gutes Gefühl vermittelt. Ich liebe den Blues und ich liebe Rock. Je nach Stimmung gehe ich in die eine oder andere Richtung. Wenn ich mir morgens eine Resonator-Gitarre schnappe, bin ich ein Blues-Typ. Wenn ich aufwache, zu viel Kaffee trinke und die Wände hochgehe, spiele ich Rock’n’Roll. (lacht)

Hörst du dir auch moderne Musik an?

Ja. Ich stehe sehr auf 90er-Grunge und letztens haben wir die Black Keys gesehen. Ich finde, es ist eine gute Zeit für Rock’n’Roll. Es gibt Bands wie die Rival Sons oder Royal Blood; so viele tolle Rockbands, die einfach das machen, was sie wollen!

Was bedeutet Blues für dich? Ist das nur ein musikalischer Stil oder eine Art zu leben?

Für mich war Blues immer eine Art Flucht. Ich ging in mein Zimmer, machte das Licht aus und hörte mir Albert Kings ‚Live Wire Blues Power‘ oder B.B. Kings ‚Live At The Regal‘ an. Das war immer ein sicherer Ort für mich und ich kann mich auf keine andere Weise so ausdrücken, wie ich es mit dem Blues kann, wenn ich eine Gitarre in die Hand nehme und spiele.

Der Blues liegt mir sehr am Herzen, ohne Blues gäbe es keinen Rock’n’Roll. Ich fühle eine gewisse Verantwortung für meine Generation, die Blues-Flagge hochzuhalten. Ich denke, mit Rock’n’Roll kann ich den Leuten bestimmte Aspekte des Blues näherbringen. Ich meine, wir sind mit AC/DC getourt und jeden Abend habe ich Muddy Waters mit dem Slide zitiert, vor 60.000 Leuten.

Viele Blues-Puristen wollen, dass Blues so klingt wie in den 50ern und 60ern. Was hältst du von dieser Haltung?

Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll. Die Leute können die ganzen Songs weiter covern, aber ich verstehe nicht, warum man möchte, dass ein Genre stagniert und nicht mal wieder ein weiterer Künstler wie Freddie King auftaucht. Er hat den Blues vorangebracht und nicht wie Elmore James gespielt. Johnny Guitar Watson hat auch nicht wie Lightnin’ Hopkins gespielt und selbst Lightnin’ Hopkins hat die Grenzen von dem gesprengt, was Robert Johnson gemacht hat. Ich denke, der Blues hat sich von ganz alleine weiterentwickelt.

Ich würde uns auch nie The Shakedown Bluesband nennen. Ich bin in Texas aufgewachsen, und da gibt es sehr viele Blues-Puristen und verschiedene Gruppierungen davon. Die einen spielen wie Jimmie Vaughan, die anderen wie Johnny Guitar Watson. Chicago ist genauso. Ich liebe das, weil es das Genre am Leben erhält. Auf der anderen Seite braucht man aber auch Leute wie Joe Bonamassa, Samantha Fish und Larkin Poe – frisches Blut, um das Ganze am Leben zu erhalten. Ich hoffe, dass der Blues nicht genauso bleibt, wie er war, dass neue Songs geschrieben werden und Leute den Traditionen und Emotionen treu bleiben, aber trotzdem vorwärts gehen.

Es wäre doch großartig, wenn es einen neuen Künstler gäbe, der mit einem so intensiven Gefühl wie Albert King spielt! Ich hasse die Vorstellung, dass ein Künstler durch einen Puristen niedergemacht wird, bevor er überhaupt richtig anfängt. Liebe Puristen, wenn euch nicht gefällt, was passiert, hört euch eure alten Platten an! Ich selbst bin überhaupt nicht an jemandem interessiert, der klingt wie ein anderer Künstler. Der Blues hat noch viel Platz für neue Künstler!

Bild: Martin Schmidt

Marshall-50-Watt-Top mit 4x12"-Box

Bild: Martin Schmidt

Tylers Pedalboard

GEAR

Was sind deine Hauptgitarren?

Ich habe zwei 60er-Custom-Shop-Strats, die einer Sixties-Strat von mir nachempfunden sind. Pinkie 2 hat einen Humbucker am Steg und Pinkie 1 ist eine traditionelle Strat. Ich habe auch eine 59er-Custom-Shop-Tele mit auf Tour und eine National Duolian von 1931. Die wurde neu lackiert, klingt aber großartig.

Bild: Martin Schmidt

Pinkie 2

Bild: Martin Schmidt

59er-Custom-Shop-Tele

Bild: Martin Schmidt

Die National Duolian

Zuhause habe ich viele alte Gitarren, in meinem Haus befinden sich insgesamt fast 60 Gitarren. Die pinken Strats sind meine Lieblingsgitarren, die benutze ich fast immer für alles!

Wie sieht es mit Amps aus?

Auf dieser Tour benutze ich nur ein Marshall-1987X-50-Watt-Top mit einer 4x12er-Box. In den Staaten habe ich oft noch einen Orange-100-Watt-Rockerverb und ein Custom-Shop-50-Watt-Top dabei. Im Studio benutze ich kleine Amps, einen Princeton Reverb von 1967 mit 12″-Speaker und den Square Amp.

Welche Pedale sind am Start?

Ich benutze gerne Strymon-Delays, das Fulltone Tape Echo, ein EHX POG, einen Big Muff und ein Dunlop Crybaby. Für diese Tour habe ich mir ein kleines Fly-Board zusammengestellt, das nur das Nötigste enthält: Ein MXR-Carbon-Copy-Delay, ein EHX-Holy-Grail-Reverb, ein Daredevil-Fuzz, ein TB Drive und ein ZVEX Mastotron. Das ist alles, ein sehr kleines Board!

Gibt es noch andere Dinge, die für deinen Sound wichtig sind?

Nein. Ich benutze Ernie Ball Saiten, .010 auf .052 und Dunlop Picks, Tortex 1mm, nichts Besonderes also.

Danke für das Gespräch!

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2020)

Interview: Tyler Bryant & The Shakedown (2024)

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